Gesehen: Das französische Drama "Jung und Schön"

posted on: Samstag, 7. Dezember 2013

Bildquelle: Moviepilot
"Wir hätten gerne drei Karten für Reich und Schön", sage ich und erst der irrtierte Blick der Dame hinter dem Kinoticketschalter lässt mich merken, dass ich da wohl gerade etwas verwechselt habe. "Jung und schön, meinst du", ruft eine Freundin von hinten. Ääh, ja klar, genau den.

Wie kommt man dazu einen Film über eine junge Französin anzuschauen, die beginnt sich im Alter von 17 Jahren zu prostituieren? Wohl eher zufällig. Ich jedenfalls. Eigentlich wollten wir in einen anderen Film, als der ausverkauft war, entschieden wir uns kurzfristig für das französische Drama. Ein bisschen Skepsis war aufgrund der Handlung durchaus vorhanden, die sich angesichts der beunruhigend hohen Anzahl älterer Herren im Publikum nicht unbedingt verringerte. Harter Tobak auf jeden Fall - oder einfach nur der Versuch durch eine skandalträchtige Geschichte Zuschauerzahlen zu maximieren?

"Es war wie ein Spiel. In dem Moment habe ich fast nichts gefühlt, aber wenn ich daran zurück dachte später, Zuhause oder in der Schule, dann hatte ich Lust es wieder zu tun." 

Und da sitzt man dann plötzlich und schaut sich 90 Minuten lang an, wie Marine Vacth alias Isabelle mit Schlafzimmerblick und vollen Lippen abwesend in die Gegend schaut, egal, ob sie gerade die Blumen auf der Wandtapete zählt oder mit einem Freier schläft. Am Anfang scheint ja noch alles ganz normal zu sein. Familienferienhausidylle, die Chance auf eine Sommerliebe - dazwischen Isabelle, die nach ihrem nicht gerade berauschenden ersten Mal im Urlaub daheim beginnt, mit Männern gegen Geld zu schlafen. Viel Geld. Warum? Das wird nicht ganz klar. Vielleicht gegen die Langeweile des durchschnittlichen Teenageralltags, das Desinteresse, das sie vielen Gleichaltrigen entgegen bringt, vielleicht auch der klischeehafte Vaterkomplex. Seltsam träumerisch und unbeteiligt wirkt sie, auch wenn ihre Lügen irgendwann auffliegen, wenn die Mutter verzweifelt da steht und immer wieder von "ihrem kleinen Mädchen" spricht. Doch nicht nur die Charaktere im Film kommen kaum an Isabelle ran, auch die Distanz zum Zuschauer bleibt durchgehend gewahrt. So sind zum Schluss zwar viele Fragen offen, doch wenigstens spart sich der Film die beim Schauen zeitweise befürchtete Moralkeule.

"Jung und schön" ist ein leiser Film, der ein paar Klischees bedient (warum nur habe ich in der Hauspartyszene permanent darauf gewartet, dass "Dreams are my reality" zu spielen beginnt?), manchmal sehr ästhetisch wirkt und manchmal arg befremdlich. Regisseur Francois Ozon ist auf jeden Fall ein Film gelungen, über den geredet werden kann. Was man dann allerdings sagt, muss jeder selbst entscheiden.

6 Kommentare:

  1. Der Film klingt interessant!
    Wenn ich in Deutschland bin versuche ich immer ins Kino zu gehen, weil ich das in Holland nie mach weil es so teuer ist. Also der Film ist auf jeden Fall eine Option wenn ich Weihnachten zu Haus bin :)

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    1. Haha, wohl eher kein typischer Weihnachtsfilm, aber wir sind da ja offen :D Und ist Kino in Holland echt so viel teurer? Oo

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  2. this sounds like a very interesting movie

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  3. Wo kann man den Film denn hier in der Nähe (Solingen) sehen? lg, Laura

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    1. Genau weiß ich das nicht, in Solingen wird man wohl kaum Glück haben - eventuell irgendwann mal im Cobra Kino ;) Ich selbst habe den Film im Off Broadway hier in Köln gesehen, was mit Zug und Bahn auch von SG aus leicht zu erreichen sein sollte - sonst vielleicht mal beim Bambi in Düsseldorf probieren oder in den Wuppertaler Spartenkinos? Hoffe ich konnte dir zumindest ein bisschen helfen ;) Xx

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