Zwischen den Jahren

posted on: Samstag, 28. Dezember 2013




Ich sitze heulend auf dem Bett und umklammere meinen alten Teddybären, den ich gerade zwischen Schals und alten Spielen in meinem Schrank gefunden habe. Der Kopf blockiert, nichts geht mehr. Unter Tränen versuche ich dem Freund zu erklären, warum ich gerade keinesfalls in der Lage dazu bin, meinen Kleiderschrank zu sortieren und ein paar schon längst vergessene Teile endlich in die Altkleiderkiste zu verbannen - obwohl das zugegeben wirklich mal nötig wäre. Mein altes Zimmer füllt sich mehr und mehr mit Umzugskartons und Plastiktüten. So richtig Zuhause bin ich hier schon lange nicht mehr, doch auch in meiner Wohnung befinden sich mittlerweile nur noch ein paar Möbel, eine Pflanze, ein wenig Krimskrams. 

Zuletzt schimpfte ich noch über das vergangene Jahr, war froh, dass sich 2013 endlich dem Ende neigte. Sollte es da nicht ein Leichtes sein, Vergangenes zu den Akten zu legen, die lang herbeigesehnte Veränderung kräftig voran zu treiben? Die Antwort lautet: Nein, keineswegs.


Die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr scheinen träge. Die meisten Menschen sind frei von Verpflichtungen, denn Altes ist abgeschlossen und Pläne und Vorsätze werden getrost auf den 1.1. verschoben. Ich plante dennoch: Aufräumen für das kommende Jahr, in der Wohnung und im Kopf. Säckeweise ausmisten, weil zu viel Materialismus sowas von out ist und der überquellende Kleiderschrank den Fluss des Chis behindert - oder so ähnlich. Am Ende aber feststellen, dass der Schund, den man da über Jahre angesammelt hat, eben auch die Summe geliebter Erinnerungen, gut gemeinter Geschenke, Souvenirs längst vergangener Reisen und Besitztümer eines Menschen ist, der man irgendwann mal war und den man ganz abzulegen noch nicht bereit ist.

Die Jacke, die ich auf einem Hippiemarkt in Katoomba ersteigerte, die Schuhe, die ich in der Rolle der Mrs. Cheveley in "Ein idealer Gatte" während der Aufführung des Literaturkurses trug, kleine Briefe, gekritzelt während langweiliger Mathestunden - all das ist ein wichtiger Teil und dennoch muss ich mir selbst eingestehen, dass, würde morgen jemand all die Sachen heimlich wegtragen, deren Fehlen mir in 95 Prozent der Fälle gar nicht auffallen würden. Wie oft schaut man sie sich auch an? Ist es nicht das Wissen darum, dass sie da sind, das zählt?

Und was ist mit den Souvenirs im Kopf, den Gewohnheiten, die man beibehält, weil man glaubt, sie gehörten dazu, obwohl sie einem vielleicht schon lange nicht mehr dienlich sind? Gedankenspiralen in denen man sich dank schlechter Angewohnheiten immer wieder verfängt. Dinge, die man möchte, Ziele, die man hat, aus reiner Routine. Wie viel Ballast habe ich angehäuft, von dem ich glaube, dass er ein Teil von mir ist, obwohl ich sie einfach nur abstreichen müsste, wie einen alten Pulli?

Ich will Meer in diesen Tagen, was sich erstaunlicherweise ganz gut trifft.

6 Kommentare:

  1. Na ja, aber man ist ja immer wer man war, weil man sonst nicht wäre, wer man ist. Kann man Altes also tatsächlich abstreifen? Oder nur darüber hinauswachsen? Ich weiß nicht, aber es ist auch noch verdammt früh für einen Sonntag und damit für derartige Fragen. Aber eins ist klar: Behalt den Teddy!!! <3

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  2. Das kenne ich nur zu gut. Und zwar geht es mir jedes Mal so wenn ich umziehe. Das lustige, jedes Mal sortiere ich mehr und mehr aus. Auch Dinge bei denen ich beim ersten Umzug geschworen hätte dass ich sie nie weggeben könnte.

    Ich glaube man sollte einen Weg finden Erinnerungen nicht an Dinge zu binden. Oder zumindest nicht an zu viele Dinge. Das würde das Leben deutlich vereinfachen.

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    1. Da haben wir für das kommende Jahr ja wenigstens etwas, woran wir arbeiten können ;)

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  3. oh, ich verstehe dich so gut. ich habe zwei pappkartons mit erinnerungsstücken. alles andere sortiere ich inzwischen ab und zu aus. das tut weniger weh und ich hab gelernt, was ich vermissen würde, deshalb trenne ich mich leichter und bewusster. nicht mehr getragene klamotten verschenke ich, dann kann ich sie noch ab und an sehen und damit wem eine freude machen. es ist krass, wie sehr man sich an materielle dinge hängt. ich konnte früher tagelang über alten schätzen sitzen und wusste nicht, wie ich mich entscheiden soll. aber meinen teddy behalte ich. immer.

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    1. ich muss auch dringend damit anfangen, von anfang an einfach nicht mehr so viele sachen zu behalten... aber ist doch schwer beruhigend, dass ich nicht die einzige mit dem Problem bin ;) und auf das lieblingskuscheltier aus kindertagen kommt eh nichts!

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